Prall. Schlaff. Klein. Groß. Zerfurcht. Geliebt. Geknetet. Gekniffen. Gefüllt mit Milch, Silikon und großen Erwartungen. Haben Brüste, so wie sie tatsächlich sind, einen Platz in der Kunst? Künstler suchen nach Antworten.
Die Karl Oskar Gallery in Berlin-Tempelhof präsentiert mit der Gruppenausstellung „bOObs – Wir zeigen Brust“ Kunstwerke, in denen eben nicht die handelsübliche Brust zu sehen ist, die sich weißhäutig und wohlgeformt durch die Arbeiten von Rembrandt bis Jeff Koons bewegt und längst in jeden Winkel unseres Lebens vorgedrungen ist. Im Gegenteil. Mit Hilfe ausgewählter, auch schockierender künstlerischer Positionen von amputierten Brüsten etwa nähern sich die Kuratorinnen Saralisa Volm und Britta Adler dem Phänomen Brust in seiner gesamten Bandbreite. Jede Form, Farbe und Aufgabe bekommt ihren Platz: ‚Free the Nipple‘ bis hin zur Amputation nach einer Brustkrebsdiagnose. Die Arbeiten der rund 15 Künster*innen stammen aus den Bereichen Skulptur, Fotografie, Malerei und Video. Darunter finden sich Namen wie Aleah Chapin, Eva & Adele, Julija Goyd, Annique Delphine, GodsDogs und Kennet Lekko.
Die weibliche Brust ist ein Quell des Lebens und der Empörung. Von Anbeginn war die entblößte Brust ein wichtiges Motiv künstlerischen Schaffens, ob in ägyptischen Pyramiden, indischen Zeichnungen, an griechischen Statuen oder in christlichen Kirchen. Sie hielt Einzug in fast jeden Stil, jede Epoche. Und immer wieder wurde sie auch zensiert – von religiösen Instanzen, der Politik, oder wie heute: von sozialen Medien. Instagram und Facebook verbieten die Abbildung der Brustwarze. Kunstwerke die weltweit in Museen Beachtung finden, verstoßen gegen die Gemeinschaftsstandards der sozialen Netzwerke und werden gelöscht.
Indes ist die Sprache der Werbung voller Busenwunder und Nacktheit, die Frau dort prall, nackt, dem Ideal entsprechend für die (Kunden-) Verführung in Szene gesetzt – während echten Frauen aus Fleisch und Blust immer wieder verboten wird, ihre Kinder in der Öffentlichkeit zu stillen.
Boobs – Wir zeigen Brust!
Um diese Gegensätze kreist die kleine Schau in Berlin und verkündet dabei mit dem Brustton der Überzeugung eine große Message: „Wir glauben, es ist an der Zeit die Brust zu befreien und als das zu nehmen, was sie ist: Teil unseres Körpers, Indentifikationsmerkmal und Projektionsfläche.“, so die Kuratorinnen.
Ihre Ausstellung ‚bOObs – Wir zeigen Brust‘ knüpft thematisch an die Schau ‚bitch MATERial‘ an, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, überkommene Mütterklischees abzuwerfen; im Leben, aber vor allem auch in der Kunst.
Nutzen Sie den Weltfrauentag und statten Sie der eindringlichen Ausstellung bei Karl Oskar einen Besuch ab – heute ist Finissage. Aber das Thema ist längst nicht am Ende.
Man kann es auch über den heutigen Tag hinaus in die Welt tragen, zum Beispiels so: Interessierte das T-Shirt zur Ausstellung hier bestellen:
Für nur 29 Euro ist es ein schönes Statement und ein erschwingliches Sammlungsstück noch dazu. Wer an den anderen künstlerischen Arbeiten Interesse hat, wendet sich auch nach der Finissage an die Galerie
https://www.karloskargallery.com
Uns besonders gefallen haben diese drei Arbeiten:
- Rachel Paiewonskys „Bitch Balls“ 2008 erinnern ein bisschen an Medizinbälle oder Sitzpuffs aus Leder – die Brust als zerstückeltes Designelement fürs Wohnzimmer?
- Annique Delphine, Berliner Fotografin und Filmemacherin, zeigt kugelrunde, schokoladenüberzogene und mit Zuckerstreuseln bedeckte Silikonbrüste in der Eistüte. Die Realität mit ganz viel Zuckerguss. Der Busen ein Bonbon.
- Birgit Diekers „Matrone“, eine aus ausgestopften Büstenhaltern geformte Skulptur, suggeriert die Objektifizierung der Frau zum Brusthalter.