In der aktuellen Ausstellung »The Horse with Eye Blinders« im Hamburger Bahnhof in Berlin hängen derzeit die von Sammlern zunehmend begehrten Gemälde der 1989 in Wuhan geborenen Xinyi Cheng. Es sind schockierende Bildnisse von Figuren, die lebendige Vögel essen und von banalen Situationen, die ins Innere der Dargestellten blicken lassen.

Allzu oft wurde die figurative Malerei als von der Fotografie überholt erklärt. Und doch kommen gegenständliche Gemälde wie die der Chinesin Xinyi Cheng nicht nur auf dem Kunstmarkt gut an. Bei ihrer Pariser Galerie Balice Hertling sind ihre Leinwände und Papierarbeiten derzeit vergriffen. Im Berliner Museum Hamburger Bahnhof hängen aktuell 30 davon aus den Jahren 2013 bis 2020. Die dortige Ausstellung, eine Publikation sowie der Ankauf einer ihrer Arbeiten, gehören zu den Ehren, die der Gewinnerin des Baloise Art Prize 2019 im Rahmen der international geschätzten Auszeichnung gebühren.

“Wenn ich zu malen beginne, möchte ich mich so weit wie möglich von den Fotos entfernen”

Viel ist in Xinyi Chengs Malerei erkennbar, aber längst nicht alles klar: Ihre Figuren essen lebende Vögel, rauchen immerzu oder schauen gedankenversunken aus der Leinwand heraus. “Wenn ich zu malen beginne, möchte ich mich so weit wie möglich von den Fotos entfernen”, sagt die Künstlerin. Fotos von ihren Modellen, meist sind es Freunde, dienen ihr als Anzünder ihrer Fantasie. Doch dann passiert, was nur der Malerei gelingt. Das Bild befreit sich von seiner Vorlage: Schließlich hat niemand tatsächlich einen Vogel vor ihrer Kamera goutiert. In dem hier beschriebenen Bildnis malte die Künstlerin lediglich “ihre Version von Goyas Saturn, der seine Kinder verspeist“. Dabei verleihen Kolorit und Farbauftrag ihren Werken etwas ganz und gar Verführerisches – egal wie schonungslos das Motiv ist. Das habe sie sich bei den holländischen und flämischen Schlachthof- und Stilleben-Gemälden des 17. Jahrhunderts abgeschaut, erklärt Xinyi Cheng in einem Interview. Zugleich weisen ihre Farbflächen aus u.a. Altrosa, Chromoxidgrün und Lampenschwarz eine Mattigkeit auf, die im übertragenen Sinne auch auf die Dargestellten wirkt.

Im Moment haben wir keine Werke zur Verfügung, und es ist möglich, dass für die nächste bevorstehende institutionelle Show die Preise leicht angehoben werden müssen. Für den Moment sind die Arbeiten wie folgt festgesetzt (Alexander Hertling, Galerist)

So zu malen erfordert Übung, die Cheng über viele Etappen in ihrer Ausbildung gesammelt und perfektioniert hat. In Peking studierte sie Bildhauerei, in Baltimore (USA) sowie in Amsterdam Malerei. Zwei bis sechs Wochen braucht sie für ein Gemälde, das bei ihrer Pariser Galerie nicht unter 20 000 Euro zu haben ist (Öl auf Leinwand, im Format 60 x 50 cm). Größere Formate (200 x 160 cm) kosten bereits 70 000 Euro. Tusche-Arbeiten (aus Iwa-enogu) bekommt man bereits ab 5500 Euro (im Format 50 x 40 cm). Iwa-enogu bezeichnet das Malen mit Pigmenten aus pulverisierten Gesteinspartikeln, hauptsächlich Mineralien. Die Partikel haben eine ähnliche Grobheit wie Sand und verleihen dem Bild eine glanzlose, matte Erscheinung. Francois Pinault, Eigentümer des Auktionshauses Christie’s und weltbekannter Kunstsammler hat die Kunstwerke der heute in Paris lebenden Künstlerin laut Magazin “Beaux Arts” bereits angekauft und eine Ausstellung für dieses Frühjahr geplant.

 

Weitere Infos:

Baloise-Kunst-Preis: Die Auszeichnung ist mit einem Ankauf eines Werks Xinyi Chengs durch die Baloise Group für die Sammlung der Nationalgalerie in Berlin verbunden.

»The Horse with Eye Blinders«, bis 30. Mai, Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin. Digitales Begleitprogramm auf der Website des Museums.

Galerien, die die Künstlerin vertreten: Balice Hertling, Paris und Antenna Space, Shanghai

Galerie-Preise:

Right now we do not have any works available, and it is possible that for the next upcoming institutional show, the prices might have to be slightly raised.
For now the works are priced as following (Alexander Hertling von Balice Hertling)

Oil on canvas 60 x 50 cm : 20,000 Euro + VAT
Oil on canvas 200 x 160 : 70,000 Euro + VAT
Iwa-enogu on paper 50 x 40 cm : 5,500 Euro + VAT