Von Helmut Kronthaler
Mit einzigartiger Radikalität widmet sich der 100-jährige Pierre Soulages der Farbe Schwarz. Der Pariser Louvre ehrt den Jubilar mit einer umfangreichen Retrospektive, während gleichzeitig die Preise für Werke des Franzosen auf dem Auktionsmarkt beständig steigen.
Im Mai 2014 öffnete das Musée Soulages in Rodez erstmals seine Pforten für die Öffentlichkeit. Obwohl Pierre Soulages das ambitionierte Projekt seines Geburtsortes von Anfang an begrüßte und förderte, stieß es bei der lokalen Bevölkerung zunächst auf Skepsis und Ablehnung. Inzwischen hat sich das Haus freilich längst zu einem bedeutenden und gut besuchten regionalen Zentrum der französischen Gegenwartskunst entwickelt – nicht zuletzt wegen der großzügigen Schenkung von rund 500 Werken und Dokumenten des Künstlers, die den Grundstock der Sammlung und Präsentation bilden.
Dass Pierre Soulages noch immer als einer der prominentesten Vertreter der französischen Nachkriegskunst angesehen wird, belegt die große Retrospektive seines Schaffens, die der Louvre in Paris in diesem Winter anlässlich seines 100. Geburtstages im Salon Carré installiert. Wo sonst die weltberühmten Meisterwerke italienischer Kunst präsentiert werden, regiert für kurze Zeit das Schwarz, jene Farbe, die bis heute im Zentrum der ungegenständlichen Monumentalmalerei des zunächst im Kontext von Informel und Tachismus rezipierten Malers steht..
Bereits seit 2013 belegt Soulages den Rang des teuersten lebenden französischen Künstlers auf dem internationalen Auktionsmarkt. Derzeit wird die Rangliste seiner auf Versteigerungen gehandelten Arbeiten von dem Gemälde „Peinture 186 x 143 cm, 23 décembre 1959“ angeführt, das bei Christie’s New York am 15. November 2018 für rund 9,1 Millionen Dollar den Besitzer gewechselt hat (alle Preisangaben ohne Aufgeld). Allerdings bleibt das frühe Ölbild aus den 1950er Jahren dabei unter den Erwartungen des Auktionshauses, das es zuvor auf 10 bis 15 Millionen Dollar geschätzt hat.
Der Grund für diese dann doch viel zu optimistisch ausgefallene Prognose wird wohl in den Verkäufserlösen der aktuell auf Rang zwei und drei gelisteten Arbeiten des Franzosen zu suchen sein. Sowohl die „Peinture 162 x 130 cm, 14 avril 1962“ als auch die „Peinture 162 x 130 cm, 14 décembre 1958“ hatten am 6. Juni 2017 und am 6. Dezember 2016 bei Sotheby’s Paris jeweils Zuschläge deutlich über den Schätzpreisen erzielt. Das auf zwei bis drei Millionen Euro taxierte Gemälde von 1962 kostete am Ende 5,3 Millionen, während der neue Besitzer der Arbeit von 1958 statt der erwarteten 1,5 bis 2 Millionen schließlich 4,5 Millionen Euro investieren musste.
Im Segment der von Soulages neben der Malerei ebenfalls eifrig betriebenen Druckgrafik ergibt sich im Moment ein ähnliches Bild. Die Preise für seine Radierungen liegen oft deutlich über 20000 Euro, wobei das in einer Auflage von 90 Exemplaren und einigen Künstlerdrucken verbreitete Blatt „Eau-forte XXII“ aus dem Jahr 1973 derzeit mit Zuschlägen bei 26000 bzw. 24000 Euro den Spitzenplatz belegt (Artcurial Paris, 13. Dezember 2017 bzw. 28. Mai 2019). Bei den Farblithografien stellt das Motiv „Lithographie n° 34“ von 1974 mit einem Preis von 13000 Euro den aktuellen Auktionsrekord (Ketterer München, 7. Juni 2019).
Ob sich das anstehende Jubiläum des Künstlers und damit einhergehende Ausstellungen, Berichterstattung und Ehrungen unmittelbar auf die weitere Preisentwicklung bei den Versteigerungen auswirken wird, ist schwer einzuschätzen. Im Bereich der häufig zum Aufruf kommenden druckgrafischen Arbeiten finden sich ja durchaus immer noch deutlich günstigere Angebote. Hier wie auch bei der Malerei gilt, dass vor allem frühe Werke auf besonderes Interesse der Sammlerklientel stoßen. Sie tauchen wesentlich seltener auf dem Markt auf, als das umfangreiche seit den 1980er Jahren geschaffene Werk. Doch auch in jüngster Zeit entstandene Gemälde überschreiten heute rasch die Millionengrenze, wie etwa das Beispiel der „Peinture 202×143 cm, 17 juin 2008“ zeigt, die Sotheby’s Paris am 5. Juni 2019 für 1,25 Millionen Euro verkauft hat. Und das monumentale Triptychon „Peinture 227 x 306 cm, 2 mars 2009“ erzielte beim Konkurrenten Christie’s Paris am 7. Juni 2018 gar zwei Millionen Euro.
Weiterführende Infos
Pierre Soulages *1919 in Rodez, lebt in Paris und Sète
Ausstellungen
- 11. Dezember 2019 bis 9. März 2020, Pierre Soulages: Retrospektive. Louvre, Paris
Galerien
Markteinschätzung
Die Auktionserlöse für Werke von Pierre Soulages sind in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Der 100. Geburtstag des Künstlers und dessen Rezeption in der Kunstszene könnte diesen Trend aktuell noch verstärken.
Top 3 AUCTION RECORDS
8.077.474 Euro „Peinture 186 x 143 cm, 23 décembre 1959“ / Christie’s, 15 Nov 2018
7.998.500 Euro „Peinture 162 x 130 cm, 14 avril 1962“ / Tajan, 27 Nov 2019
5.300.000 Euro „Peinture 146 x 114 cm, 6 mars 1960“ / Sotheby’s, 06 Jun 2017